Uwe Barschel
Am 11. Oktober 1987 findet ein "stern"-Reporter
die Leiche von Uwe Barschel. (CDU). Der ehemalige
Ministerpräsident von Schleswig-Holstein lag tot in der
Badewanne seines Zimmers im Genfer Hotel Beau Rivage.
Nach ersten Untersuchungen nahm sich Barschel mit Tabletten das
Leben. (1)
Vorausgegangen war dem Tod Barschels einer der größten
Politskandale der Bundesrepublik Deutschland: Knapp zwei Wochen vor seinem Tod trat Barschel
als Ministerpräsident von Schleswig-Holstein zurück.
Er stolperte über die so genannte "Barschel/Pfeiffer-Affäre"
(auch Barschel-Affäre oder Waterkantgate genannt).
Am Vortag der Landtagswahl erhob das Hamburger Nachrichtenmagazin
"Der Spiegel" schwere Vorwürfe gegen den
damaligen Ministerpräsidenten: Barschels Medienreferent
Reiner Pfeiffer versichert in der "Spiegel"-Ausgabe
vom 14. September, dass Barschel ihn beauftragt habe, den SPD-Spitzenkandidaten
Björn Engholm zu beschatten und so belastendes Material
über dessen Privatleben zu beschaffen.
Zudem habe Pfeiffer in Barschels Namen eine anonyme
Anzeige wegen Verdacht auf Steuerhinterziehung gegen Engholm
lanciert. Zur Schmierenkampagne gehörte ferner eine Abhöraktion:
Pfeiffer sollte ein Wanze organisieren. Diese Wanze war perfiderweise
für Barschels eigenes Telefon vorgesehen. Als Urheber der
Aktion sollte die SPD beschuldigt werden. (2)
Der Veröffentlichung im "Spiegel"
folgte die so genannte Ehrenwortpressekonferenz. Am 18.
September 1987 gibt Barschel sein persönliches Ehrenwort
und eine eidesstattliche Erklärung ab, dass gegen ihn erhobenen
Vorwürfe nicht gerechtfertigt sind: "Ich gebe Ihnen
mein Ehrenwort, ich wiederhole: mein Ehrenwort, dass die gegen
mich erhobenen Vorwürfe haltlos sind". Wie sich kurze
Zeit später heraus stellte, zwang Barschel drei seiner Mitarbeiter
zu falschen eidesstattlichen Erklärungen. (3) Eine Woche
nach der spektakulären Ehrenwort-Rede trat Barschel endlich
zurück. Dabei übernahm er die politische Verantwortung
für die Affäre, beschritt aber jegliche persönliche
Schuld. (4)
Wenige Tage nach dem Rücktritt Barschels setzte
der Landtag einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuß
ein. Während der Untersuchung stellt sich schnell heraus,
dass die meisten Anschuldigungen gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten
zutreffen. Anfang Oktober forderte die CDU-Landtagsfraktion Barschel
auf, sein Landtagsmandat ebenfalls niederzulegen. Barschel -
mittlerweile in den Urlaub nach Gran Canaria geflüchtet
- kündigte daraufhin seine sofortige Rückkehr nach
Kiel an. Am 10. Oktober trifft er auf dem Flughafen in Genf ein.
Einen Tag später ist er tot. (5) Offensichtlich wollte sich
Barschel vor seiner Rückkehr nach Kiel in Genf mit einem
Informanten namens Roloff bzw. Robert Oleff treffen,
der seine Unschuld beweisen sollte. (6)
Ob sich der tablettenabhängige Barschel selbst
das Leben genommen hat oder ermordet wurde, ist bis heute nicht
geklärt. Vor allem die Familie Barschels widerspricht der
Selbstmord-Theorie. Klar ist hingegen die Todesursache:
Barschel starb ohne Zweifel durch Medikamentenvergiftung. Eines
der von Barschel eingenommenen Medikamente war jedoch schon länger
nicht mehr im Handel erhältlich. (7)
Der ehemalige Geheimdienstler Victor Ostrovsky
vertritt in seinem Buch "Geheimakte Mossad"
die These, dass Barschel das Präparat von Mossad-Agenten
mit Hilfe eines Schlauches verabreicht wurde. Warum das Ganze?
Barschel musste sterben weil er zu viel über die Waffengeschäfte
des Mossads wusste. Der israelische Geheimdienst lieferte in
den 80er Jahren über Dänemark Waffen in den
Iran. Nach einigen Schwierigkeiten in Dänemark wollte
der Mossad nach Deutschland ausweichen und fragte über den
BND (Bundesnachrichtendienst) Barschel um Erlaubnis Häfen
in Schleswig-Holstein für die Überführung der
Waffen in den Iran benutzen zu dürfen. Barschel lehnte ab.
(8)
Zweifel am Selbstmord Barschels hatte schließlich
auch die Lübecker Staatsanwaltschaft und leitete
im Jahre 1994 ein "Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt
wegen Verdachts des Mordes an Dr. Dr. Uwe Barschel" ein.
Vier Jahre später wurden die Ermittlungen eingestellt. Und
das obwohl Oberstaatsanwalt Heinrich Wille einen Anfangsverdacht
für Mord weiter bejahte. "Sichere Rückschlüsse",
ob diese wichtigen Indizien für Gewalteinwirkung für
"Mord oder Selbstmord sprechen" seien jedoch nicht
möglich. (9) Zu den Indizien gehörten unter anderem
mysteriöse Spuren, die von einem fremden Schuh stammen könnten.
Gegner der Selbstmord-These sehen in diesen Spuren Hinweise darauf,
dass sich in der Todesnacht ein Unbekannter in Barschels Hotelzimmer
aufhielt.
Quellen:
(1) "n-tv.de": "Selbstmorde
von Politikern" vom 5. Juni 2003
(2) "tagesschau.de": "Barschel-Affäre" vom 23. November
2002
(3) Geschichte in Schleswig-Holstein: "Barschel-Pfeiffer Affäre" von Michael
Legband
(4) "LeMo": "Biographie: Björn Engholm"
(5) "tagesschau.de": "Barschel wird tot aufgefunden" vom 23.
November 2002
(6) Matthias Bröckers in "Das Lexikon der Verschwörungstheorien"
von Robert Anton Wilson, Frankfurt am Main, 2000
(7) "RZ-Online": "Fall ungelöst - Schuhspur bleibt"
vom 1 Juni 1998
(8) Victor Ostrovsky: "Geheimakte Mossad", München, 1994
(9) "RZ-Online": "Fall ungelöst - Schuhspur bleibt"
vom 01 Juni 1998
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